Allgemeines zum Rollenspiel

Kampagnen – How it shouldn’t have ended #4

Was steht am Ende einer Kampagne? Wie sieht das letzte Stück des Weges zum große Finale aus? Schwierige Fragen, aber manchmal reicht es schon zu wissen, wie etwas nicht sein soll. Genau darum dreht sich diese kleine Artikelreihe. Anregungen waren mir dabei einige an sich gute Serien, deren Ende, sei es die letzte Staffel oder „nur“ die letzte Folge, verhauen wurde. Das trübt leider immer den Gesamteindruck, weshalb es sich lohnt, bewusst an diesem Fehler vorbei zu manövrieren.

Der erste Beitrag widmete sich unnötiger Bitterkeit ganz am Ende, der zweite Beitrag dem völlig unnötigen Austausch des etablierten Gegners kurz vor Schluss und der dritte Beitrag letztlich dem schrittweisen abflauen der Spannung bis zum mauen Ende einer überdehnten Handlung. Das Problem diesmal baut sich langfristig auf, der größte Furst bricht sich aber am Ende. Wie immer sei vor Spoilern gewarnt, da ich natürlich Serien und Filme als Beispiele verwende.


Was ist gerade passiert? Ich versteh das irgendwie nicht!

Spoiler zu Lost.

Mysterien sind gut, Rätsel sind gut, Geheimnisse sind gut. Generell weckt das Unbekannte Interesse und Spannung. Aber was passiert, wenn Mysterien nicht ergründet, Geheimnisse nicht gelüftet und Rätsel nicht gelöst werden? Im schlechtesten Fall bleibt nur Frust zurück.

Rätsel über Rätsel

Wer die Serie Lost bis zum Ende gesehen hat, der weiß, was gemeint ist. Die Serie lebte eigentlich von Anfang an von Geheimnissen (neben den intensiven zwischenmenschlichen Konflikten). Das fing schon in der ersten Folge an: Ein mysteriöses Etwas, das man zu diesen Zeitpunkt noch nicht sieht, aber hört, reißt den überlebenden Piloten in den Tod. Ein Eisbär greift eine Gruppe Überlebende an… auf einer tropischen Insel im Pazifik. Ein Funkspruch auf Französisch wird aufgefangen, der offenbar seit Jahren automatisch gesendet wird.

Was hinter den letzten beiden Vorkommnissen steckt, wird zumindest halb aufgedeckt. Aber das sind eher Randfragen, denn schon bald tauchen immer mehr Fragen auf, die viel drängender und spannender waren. Wer sind „die Anderen“ auf der Insel? Was steckt hinter der Dharma-Initiave, die überall auf der Insel verlassene Stationen hinterlassen hat? Wer ist Jacob? Und mein Favorit: Was steckt hinter den unglücksbringenden Zahlen, die immer wieder in Zusammenhang mit der Insel auftauchen (4-8-15-16-23-42)?

Das Problem: Sie werden alle nur unzufriedenstellend beantwortet, obwohl man über sechs Staffel ausreichend Gelegenheit dazu hatte. Tatsächlich wurde die Serie spätestens ab der fünften Staffel immer mehr mit Elementen angefüllt, die alles eigentlich nur verwirrender (die Insel bewegt sich, Pendelraum) machten und teils ins Abstruse reichten (Zeitsprünge).

Und manchmal wirft die Beantwortung einer Frage nur noch mehr auf. Beispiel Rauchmonster, eine der gefährlichsten Erscheinungen: Das Rauchmonster ist in Wirklichkeit der namenlose Zwillingsbruder von Jacob, dem Hüter der Insel. Wie dieser ist er Sohn einer römischen Schiffbrüchigen, die vor vielen Jahrhunderten auf der Insel strandete und nach der Geburt der beiden, von der vorherigen Hüterin der Insel ermordet wurde. Die Hüterin zieht die beiden Jungen auf, bis Nicht-Jacob vom Geist (!) seiner echten Mutter erfährt, dass sie erstens von der Ziehmutter ermordet wurde und es zweitens noch andere Schiffbrüchige von damals gibt. Denen schließt sich Nicht-Jacob an und wird mit der Zeit zu ihrem Anführer. Weil die anderen Schiffbrüchigen aber erstens laut der Hüterin böse und verdorben sind (warum angeblich, wird weder erklärt und schon gar nicht gezeigt) und Nicht-Jacob zweitens mit ihnen von der Insel fliehen will, tötet die Hüterin das ganze Dorf der Schiffbrüchigen. Nicht-Jacob ist daraufhin zornig und tötet seine Ziehmutter. Nun wirft der wiederum darüber wütende Jacob seinen Bruder in einen Raum, der als Herz der Insel bekannt ist. Dort verwandelt sich Nicht-Jacob auf irgendeine Weise in das Rauchmonster.

All das erfährt man in einer einzelnen Folge der letzten Staffel. Wie und warum er sich verwandelt wird nicht erklärt. Man sieht den Raum später und es deutet nichts darauf hin, warum das passiert ist. Auch warum es Andeutungen auf das Rauchmonster vor dieser Zeit gibt, wird nicht erklärt. Auch wird nicht erklärt, wie die Hüterin eigentlich ein ganzes Dorf getötet hat. Oder wo wiederum sie herkommt und was angeblich so schlimm an den anderen Menschen ist. Morden sieht man nur sie.

Keine der zahlreichen, wichtigen Fragen wird wirklich zufriedenstellend beantwortet. In der Regel so, dass die eigentliche Antwort nur herausgeschoben wurde. Am wenigsten wenn es um die Insel selbst geht. Und so wird der Zuschauer dann auch verabschiedet.

Nun muss nicht die Lösung jedes Mysterium vorgekaut werden. Aber man sollte zumindest eine gute Ahnung davon bekommen, was dahinterstecken könnte. Die Antwort sollte sich zum greifen nah anfühlen und die Hintergründe, als wären sie in sich schlüssig. Genau das war am Ende von Lost nicht der Fall. Es wirkte leider so, als wäre die Serie nicht bis zum Ende durchdacht gewesen. Als hätten die Macher*innen nicht gewusst, auf was sie mit all den spannenden Elementen hinauswollen.

In Bezug auf Rollenspiel heißt das, dass man als Spielleiter*in den Hintergrund von Geheimnissen und Mysterien gut planen sollte. Auf jeden Fall dann, wenn der Plot (oder die Sandbox) darum gebaut ist: Welches Element bedingt welches Phänomen, welche Handlung wann in der Vergangenheit führte zu welchen Entwicklungen, usw.

Allerdings sollte man sich auch nicht scheuen zu improvisieren, bzw. den Plan hinter den Geheimnissen zu überarbeiten. Vor allem dann, wenn sich die Spieler*innen etwas in Bezug auf ein Geheimnis fragen, und man denkt „Oh, das habe ich gar nicht bedacht!“. Besser man findet auf die schnelle etwas passendes, wenn es sein muss, und baut es in den großen Plan ein, als mit einer offengelegten Logiklücke weiterzuarbeiten. Im Idealfall kann man das Ganze etwas herauszögern und dann überarbeiten.

Das gute am Rollenspiel ist eben, dass man flexibel auf auftretende Probleme reagieren kann. Das Erlebnis entsteht beim Spielen, man hat keine abgedrehte Staffel, die komme was wolle so gesendet wird. Wenn man die Probleme sieht, die das eigens kreierte Mysterium hat, dann kann man es nachbessern. Und wenn am Ende der Runde bei den Spieler*innen Fragen offen sind, dann kann man sie ihnen beantworten.

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