Allgemeines zum Rollenspiel

Kampagnen – How it shouldn’t have ended #3

Wie sollten Rollenspielkampagnen nicht enden? Das ist die Frage, die ich mir in dieser Artikelreihe stelle. Ansporn dazu sind mir viele gute Serien, die mäßig bis schrecklich geendet sind. Das kann sich nur auf die finale Folge beziehen (vor allem die Beispiele aus #1) oder aber auch auf die ganze letzte Staffel, oder sogar noch etwas davor ansetzen (dazu besonders das Beispiel aus #2).

Auch dieses Mal setzte in der letzten Phase einer Kampagne an, nicht nur am absoluten Endpunkt. Das was in der Serie ungefähr der letzten Staffel entspricht. Oder den letzten paar Kapiteln in einem Buch, denn diesmal muss auch ein solches herhalten. Spoiler sind enthalten, auch wenn die Beispiele wohl vielen bekannt sein dürften.


Antiklimax

Spoiler zu Games of Thrones, Deep Space Nine (nur ein vager, aber trotzdem zur Vorsicht) und Der Herr der Ringe – Die Rückkehr des Königs (das Buch, nicht die Serie).

Manchmal hat man am Ende ein wirklich großes Ereignis, einen Knall, in dem alles aus der bisherigen Story zusammenkommt und dort sein spektakuläres Ende findet. Die/Der Spieler/Leser/Zuschauer*in ist zufrieden. So sollte hat das auch aussehen sollen! Das Ritual wurde verhindert, die finale Schlacht beendet oder der skrupellose Politiker endlich verhaftet, weil genug Beweise gesammelt wurden. Also alles gut, nur… es hört einfach nicht auf! Nachdem der Höhepunkt schon da war, wird noch eine Zweit- oder Nebenhandlung abgefertigt, die aber völlig im Schatten der Vergangenen Ereignisse steht. Erst dann ist man am Ende. Ich nenne das nach dem rhetorischen Stilmittel die Antiklimax. Es geht zum Ende hin vom Wichtigen zum weniger wichtigen. Im Gegensatz zur Rhetorik in eine brauchbare Wirkung hier aber nicht abzusehen.

Der zweite Plotstrang

Ein Beispiel dafür ist Game of Thrones (die finale Staffel wurde aus vielen Gründen kritisiert bis zerrissen. Aber das soll hier nicht Thema sein, sondern nur der genannte Aspekt und seine Bedeutung für Rollenspielkampagnen): Das Hauptthema der vorletzten, siebten Staffel war die drohende Vernichtung der Welt durch die untoten Horden des Night King. Jon Snow und sein Umfeld versuchten dem Rest der streitenden Parteien klar zu machen, dass sie den Krieg gegeneinander sein lassen und sich stattdessen der Rettung der Menschheit widmen sollen. Das gelingt nur leidlich, aber immerhin endet der offene Krieg zwischen Daenerys und Cersei. Zwar schließt sich letztere dem Bündnis nicht an, doch zumindest kann sich der Rest auf die Untoten konzentrieren.

Und so geht es dann auch in der finalen Staffel weiter. Die ersten beiden Folgen leiten auf die große Konfrontation mit dem Night King hin: Alle Charaktere feiern vielleicht ein letztes Mal das Leben, sind sich sicher, dass sie nicht mehr lange haben und das ein Scheitern wahrscheinlich das Ende der Menschheit bedeutet. Große Dramatik, die in einer spektakulären Schlacht gegen die Untoten gipfelt und in der Vernichtung des Night King ihre Auflösung findet. Ein riesiges Spektakel mit großen Schauwert!

Aber das war erst Folge Drei von Sechs. Die Rettung der Welt bildet nicht das Ende, denn da ist ja immernoch Cersei. Die ist in der Serie zwar ein lange aufgebauter Gegner, aber ihr Bedrohungsfaktor stinkt gegen das vorherige Ereignis ziemlich ab. Und statt es zumindest als zweiten, wenn auch niedriger angesetzten Höhepunkt zu gestalten, wird das Ganze zwar mit viel Krach aber ohne Spannung in der fünften Folge abgehandelt, was aber schon fast ein eigenes Thema ist. Die sechste und letzte Folge setzt dann noch einmal einen drauf und verzichtet ganz auf Konflikte. Allein dass Jon Snow mit sich gehadert hat, bevor er Daenerys ersticht, machte die Folge nicht spannend. Nicht einmal die Wahl des neuen König, quasi das zentrale Thema der Serie (zusammen mit dem Night King und den White Walker), sorgte für einen wirklichen Konflikt.

Das Problem ist klar: Etwas wurde aufgebaut, bis es wirklich die ultimative Bedrohung war, gegen die nur Sieg oder totale Vernichtung möglich war. Und sie wurde abgehandelt. Die Menschheit war gerettet. Die Irre von ihrem Thron zu schubsen wirkte dagegen echt mau, obwohl die ganze Zeit klar war, dass dieser Plotstrang noch wartete. Wie es dann abgewickelt wurde, tat sein übriges zu dem Eindruck. Schlimmer noch: Das vorangegangene Ereignis wird entwertet, indem es 1. kaum noch erwähnt wird, 2. keinen Einfluss auf den Rest der Handlung hat und 3. sogar jemand sagt, dass außerhalb des Nordens keiner etwas davon mitbekommen hat.

Für eine Rollenspielkampagne bedeutet das, dass man die Handlungsstränge immer so anlegen sollte, dass sie in der Reihenfolge ihres dramatischen Potentials beendet werden. Im Beispiel wäre es: erst muss ein*e neue*r König*in her, dann wird die Welt gerettet. Und wenn es aus irgendeinem Grund nicht anders geht, dann sollte die Abhandlung des zweiten Plotstranges zumindest ordentlich präsentiert werden.

Ein anderes Finale was dieses Problem auch hatte war die letzte Folge von Deep Space Nine. Der große Krieg gegen das Dominion war vorbei, da interessierte die stiefmütterlich behandelte und etwas krude Story um Gul Dukat und die Pah-Geister nicht mehr wirklich.

Das Nachspiel

Ein ähnliches Problem hat auch ein wahrer Klassiker: Im dritten Band der Der Herr der Ringe-Reihe, Die Rückkehr des Königs, wird ebenfalls ein Konflikt nachgeschoben, der nicht mehr wirklich zu begeistern weiß.

Nachdem man von der dramatischen Schlacht um die weiße Stadt Minas Tirith und der nicht weniger bedeutenden Schlacht am Schwarzen Tor nebst Vernichtung des Einen Ringes gelesen hat, folgt man den Hobbits noch auf ihrer Heimreise ins Auenland. Das an sich wäre in Ordnung, aber dort angekommen stellen sie fest, dass das Auenland mittlerweile vom gefallenen Saruman über seine Marionette Lotho Sackheim-Beutlin kontrolliert wird. Die beiden gilt es jetzt ersteinmal zu vertreiben. Allerdings ist es, wenn auch nett geschrieben, ziemlich ermüdend, dass man nach dem Kampf um das Gedeih und Verderb von Mittelerde noch diesen Kleinkonflikt zu lesen bekommt. Da muss ich schon sagen, dass der Film es viel besser gemacht hat.

Die Befreiung des Auenlandes ist ein Ereignis, das sich, anders als bei Game of Thrones, aus den Ereignissen der Haupthandlung (speziell dem Fall Sarumans) erst entwickelt hat und nicht parallel lief. Es ist gleichzeitig irgendwie konsequent weitergedacht, aber trotzdem auch optional, denn Sarumans Schicksal hätte man auch anders erzählen können.

Wenn man es auf das Rollenspiel überträgt, dann ist es allerdings eine spannende Frage, wie man mit so etwas umgeht. Was macht man aus den Entwicklungen macht, die durch die Kampagne entstanden und vorangetrieben wurden? Wie gehen die persönlichen Beziehungen der Charaktere weiter?

Zunächst sollte man überlegen, ob Entwicklungen offensichtlich und zwangsläufig sind, oder ob sie nur sein können. Saruman hätte auch im Turm bleiben können, dann wäre das Auenland nicht unterworfen worden. Das ist dann Entscheidung der Spielleiterin/des Spielleiters.

Worauf man auf jeden Fall eingehen sollte, sind die Entwicklungen, die die Spieler*innen wirklich interessieren. Zur Abhandlung dieser Entwicklungen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Am einfachsten ist es, einfach in einer Fragerunde alles fragen zu lassen, was die anderen so interessiert. Schöner ist es aber, die wesentlichsten Sachen auch in einer kleinen Erzählung zu Ende bringen. Diese Erzählung kann man, je nach Spielstil der Gruppe, auch mit den Spieler*innen am Tisch gemeinsam gestalten. Was man aber halt nicht machen sollte, ist die ganzen Sachen noch auszuspielen. Was für Buch und Serie gilt, stimmt auch hier: Nach dem Höhepunkt ist die Luft irgendwie raus und die Motvation sinkt. Wer hat schon wirklich Lust mehrere Runden Kleinkram auszuspielen? Besser die Ereignisse direkt danach (z.B. Gespräch mit dem Auftraggeber) zu Ende spielen und die umfangreicheren Dinge in einem Epilog erzählen. Ausnahme wäre natürlich, wenn die Spieler*innen sich genau das Ausspielen aller Folgesituationen wünschen. Aber auch dann sollte man es eher kurz und knackig gestalten, statt es ausufern zu lassen.

Nächstes Mal: Was ist gerade passiert? Ich versteh das irgendwie nicht!

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