Allgemeines zum Rollenspiel,  NSC und Antagonisten

Kampagnen – How it shouldn’t have ended #2

Letztes Mal ging es um solche Kampagnen, die im Nachgang noch zu einem deprimierenden Ende geführt werden. Und zwar aus Absicht, wenn auch nicht unbedingt aus bösem Willen.

Ganz klar nicht machen, wenn das nicht gerade das abgesprochene Ziel der Kampagne war. Diesmal geht es wieder um einen Twist der in Serien vorkommt, der ebenfalls der Spaß mindern kann, wenn auch auf eine ganz andere Weise. Und im Gegensatz zu den Beispielen aus dem letzten Beitrag setzt hier der Fehler nicht nach dem Ende an, sondern etwas davor. Auch hier sind wieder Spoiler zu einer Serie enthalten. Diese hat mich auf diese verkorkste Art und Weise aufmerksam gemacht, ein Ende zu gestalten.


Wer ist das da? Wo sind die alten Gegner hin?

Spoiler zu Grimm.

In nahezu allen Ratgebern, die sich irgendwie um Geschichten drehen, sei es zu Rollenspiel, Drehbüchern oder Romanen, wird viel Wert darauf gelegt, dass ein Widersacher glaubhaft sein und sich der/dem Spieler*in, Zuschauer*in oder Leser*in einprägen soll. Man soll den Widersacher als Figur schätzen, auch wenn man ihn für seine Taten hasst. Trotzdem verschwindet manchmal der bekannte Gegner und wird gegen einen neuen ausgetauscht. Schlimmer noch, der neue Feind war bis dahin völlig (oder so gut wie) unbekannt.

In der Serie Grimm wurden die Königlichen Familien von Anfang an als Feindbild aufgebaut. Sie ziehen sowohl in der Welt der Menschen als auch verborgenen Parallelgesellschaft der Wesen im Hintergrund die Strippen, um die Gesellschaft(en) zu ihren Gunsten zu formen. In der zweiten Staffel bekommt diese Bedrohung im Hintergrund auch ein Gesicht: Prinz Eric Renard. Der stellt sich als echtes Ekelpaket und gefährlicher Gegner heraus, der am Ende der zweiten Staffel sogar fast den Hauptcharakter der Serie, Nick Burkhardt, entführen kann. Das aber nur, um zu Beginn der dritten Staffel, aus Rache und um seine Machenschaften zu beenden, bei einem Anschlag getötet zu werden.

An Erics Stelle als Prinz und Hauptwidersacher tritt sein Cousin Viktor. Von Viktor hat man vorher weder etwas gehört noch gesehen. Nun gut, aber immerhin begleitet er als Gegner die Handlung bis in die vierte Staffel und stellt immer mehr einen formidablen Gegner dar. Das aber nur, um kurz vor Ende der vierten Staffel vom Haupt seiner Familie, König Frederick, abgesetzt zu werden, weil der nicht mit Viktors Arbeit zufrieden ist. Stattdessen übernehmen der König, den man vorher nur einmal gesehen hat, aber zuminest wusste, dass er existiert, und Prinz Kenneth, völlig unbekannt bis dahin, die Aktivitäten gegen die Helden der Serie. Das aber nur, um direkt am Ende der Staffel das zeitliche zu segnen.

Aber halt, jetzt übernimmt doch bestimmt wieder Viktor, der ja noch lebt, die Macht und versucht den Schaden zu begrenzen? Nichts da! Stattdessen taucht eine völlig neue Organisation namens Schwarzkralle auf, von der man vorher nie etwas gehört hat, mit einer Menge Charaktere, die man vorher auch nicht kannte. Ausnahme ist nur ein Hauptcharakter, der sich ihnen in einem erzählerisch fragwürdigen Twist anschließt und eine andere Figur, die aber nie besonders wichtig war. Immerhin war der Tausch nicht ganz schlecht, denn Schwarzkralle hat zumindest klare Beweggründe und ein hohes Bedrohungspotential. Das aber nur, um am Ende der fünften Staffel in Portland, dem Handlungsort der Serie, komplett zerschlagen und in der sechsten Staffel off-screen weltweit ausgeschaltet zu werden.

Vom Endgegner in der sechsten Staffel hat man dann wiederum vorher nie etwas gehört. Dementsprechend ist er zwar sehr mächtig, aber auch unglaublich langweilig.

Es dürfte klar sein, wo das Problem ist: Kaum hatte man sich an einen Hauptwidersacher gewöhnt, gab es auch wieder einen neuen. Bei Grimm war es sehr auffällig, gerade weil es nicht nur zum Serienende hin passierte, sondern auch schon am Ende der vierten Staffel. Der König und Kenneth haben nichts getan, was man nicht auch hätte Viktor tun lassen können. Es war daher völlig unnötig, diese Figuren in den Vordergrund zu schieben und den gewohnten Widersacher herauszunehmen. Ärgerlich auch, dass die Königlichen Familien, bis dahin der Gegner überhaupt, nur noch in Nebensätzen erwähnt werden. Schwarzkralle ist trotz aller Dramatik letztlich nur Lückenbüßer. Der eigentliche Feind, ein Wesen namens Zerstörer, wird in der finalen Staffel irgendwie an die Metahandlung drangebastelt und mit ein paar übers Knie gebrochenen Hintergrundinformationen versorgt. Da hätte man lieber die Königlichen Familien zurückholen sollen, die ursprünglich auch in der Metahandlung mit drinhingen, aber unbefriedigend herausgeschrieben wurden.

Für das Rollenspiel ist klar, was das heißt: Wenn ihr als Spielleiter*in eine lange Kampagne geschrieben habt, dann lasst das, was ihr als Bedrohung aufgebaut habt, am Ende auch die wirkliche Bedrohung sein. Und schon mal gar nicht sollte man etwas aus dem Hut zaubern, von dem vorher niemand etwas gehört hat. Beispiel: Die ganze Zeit war es Ziel der Kampagne einen tyrannischen Magier zu stürzen. Nach langen Beschwernissen und einem epischen Endkampf ist es dann soweit und der Finsterling ist tot! Was jetzt nicht passieren sollte ist, dass nun der schreckliche, aber den Spieler*innen völlig unbekannte, Lichkönig entfesselt wird, weil der nur von der Macht des Magiers gebunden wurde, was aber leider keiner wusste. Dem Lichkönig jetzt noch die nächsten drei Spielrunden nachzujagen und ihn zur Strecke zu bringen ist nicht befriedigend, weil er nie zur Story gehört hat. Etwas anderes wäre es, wenn er sofort das Weite sucht und der Aufhänger für eine komplette Folgekampagne ist. Aber auch hier sollte man eine Pause für die SC lassen, damit sie ihre Lorbeeren ernten können. Dann bricht das magische Siegel, hinter dem der Lichkönig sitzt halt nur langsam. Aber halt nicht einen Gegner als Anhängsel direkt hinterherschmeißen.

Noch viel weniger sollte man kurz vor Ende einen Gegner off-screen austauschen, bevor die SC ihn konfrontieren können. Wenn der böse Baron die ganze Zeit der Feind war, dann will keiner hören, dass er kurz vor der finalen Begegnung von einem seiner Berater umgebracht wurde. Das entspräche dem Fall mit Viktor und Kenneth aus Grimm.

Ebenso nicht die SC auf etwas völlig anderes lenken, wenn sie einen klaren Gegner haben. Wenn Grimm ein Rollenspiel wäre, dann hätten sich die Spieler*innen sicherlich in die Königliche Familie als Gegner verbissen und eher ungehalten reagiert, dass man ihnen die bis dahin unbekannte Fraktion Schwarzkralle vor die Füße wirft, und als Endgegner in der Metahandlung den ebenfalls unbekannten Zerstörer.

Das heißt nicht, dass ein Gegner nicht gewechselt werden darf. Aber das sollte man sorgfältig vorbereiten. Man sollte immer wieder Hinweise und Bemerkungen über den neuen Widersacher fallen lassen. Wenn der eigentlich nichts mit dem alten Widersacher zu tun hat, dann kann man ihn auch als Nebengegner einführen, der dann und wann auftaucht. Auf jeden Fall sollte gewährleistet sein, dass auch neue Feinde zur Kampagne passen und sie nicht in eine völlig andere, vielleicht nicht gewünschte Richtung lenken.

Da sich Spieler*innen selten so verhalten wie geplant, kann es sein, dass der Widersacher schon vor seiner Zeit ausgeschaltet wird. Wenn es jetzt aber noch eine Story jenseits von „Besiegt ihn“ gibt, die ihr unbedingt (weiter-)erzählen wollt, ist es gut Maßnahmen getroffenen zu haben. Ein Widersacher kann beispielsweise eine rechte Hand haben, die den Plan weiterführt. Oder eine Dritte verschafft sich Zugang zu den Ressourcen des alten Widersachers und wird zu einer ähnlichen Bedrohung. In beiden Fällen sollten die Neuen vorher schon eingeführt worden sein.

Fazit: Nutzt das Potential lange vorhandener Feinde in eurer Kampagne und belasst diese bis zum Abschluss als Hauptgegner, wenn die Spieler*innen sie als solchen sehen. Einen neuen Feind ohne irgendeine Art von Vorlauf hineinzuwerfen ist wenig befriedigend für Spieler*innen, so interessant dieser Feind für sich genommen vielleicht auch ist. Behaltet ihn lieber für die Folgekampagne. Wenn man doch einmal einen Dauergegner austauschen will, weil er z.B. nicht so gut funktioniert wie erhofft, dann bereitet das vor. Lasst ihn nicht einfach verschwinden und den neuen Widersacher aufploppen.


Der nächste Blogbeitrag: Antiklimax

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