Meinung und Vorschläge zu „Spieler vs Spielleiter: Eine Fallstudie“
Einige werden sicher schon Dnalors sehr guten Blogbeitrag zu einer aktuellen Diskussion auf Facebook gelesen haben. Das ist tatsächlich ein sehr interessanter Fall und enthält wichtige Punkte, die das grundsätzliche Verhalten von Spielern und SL zueinander. Deshalb, obwohl ich schon Kommentare unter dem Blogbeitrag hinterlassen habe, möchte ich auch auf meinem eigenen Blog meine Meinung dazu kundtun.
Zu Anfang sein gesagt, dass der ursprüngliche Post nur wenige Informationen enthält, deshalb kann ich auch nur auf dieser dünnen Basis begründen, was ich von dem Verhalten in besagter Runde halte. Aber ob die Wahrheit in dem Post verzerrt ist oder nicht, spielt gar nicht mal eine so große Rolle, denn wie gesagt, es geht um Grundsätzliches. Die Story könnte komplett konstruiert sein, man kann trotzdem Regel für Sozialverhalten in der Gruppe davon ableiten.
Zur Zusammenfassung, was das Problem dort war:
Der/die SL hatte eine Fantasy-Kampagne vorbereitet, in der ein Lich mit seiner Armee aus Untoten ein Königreich bedroht. Ziel der SC wäre natürlich, dass sie ihn aufhalten. Aber eine Spielerin oder ein Spieler entscheidet sich während des Spiels, dass die ihr/sein Charakter lieber für die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe kämpfen will, die in diesem Setting nicht existiert. Die anderen Spieler*innen ziehen mit, weil ihnen Rebellion interessanter erscheint als der Kampf gegen Untote. Auf Idee der/des SL (!) wird die Rebellion um die Einführung der Demokratie erweitert. Soweit. Scheinbar war die Kampagne auch unterhaltsam für alle. Aber dann, ganz am Ende der Kampagne, als die Spieler*innen (und ihre SC) die Früchte der Kampagne ernten, und gerade die gleichgeschlechtliche Ehe offiziell per Gesetz einführen wollen, taucht eine Armee Untoter auf und massakriert alle. Es war natürlich die Armee des Liches, der ja nie gestoppt wurde. Der/die SL, der/die auch den Post verfasste, feiert sich dafür, weil sie/er konsequent die Spielwelt weitergeführt hat.
Ganz klar: In dieser Runde gab es mehrere Probleme, die nicht gut angegangen wurden. Beide Seiten haben Fehlverhalten gezeigt. Da wären zuerst einmal die Spieler*innen: Sie haben in der laufenden Kampagne beschlossen, den Plot zu ignorieren und stattdessen ein eigenes Ding zu drehen. Das ist wirklich nicht schön, da ich davon ausgehe, dass der/die SL den Plot gut vorbereitet und Arbeit hinein gesteckt. Man hätte vorher sagen können, dass man eigentlich etwas anderes, z.B. halt Rebellion, spielen möchte.
Der/die SL aber ist darauf eingegangen und hat ihnen die Kampagne geleitet, die sie wollten. Es hätte alles gut sein können. Aber dann hat er/sie sich entschlossen am Ende alles ,was in der Kampagne erreicht wurde, zu ruinieren (OT wie IT), indem sein/ihr Plot wieder aufploppt und am Ende alle SC sterben. Gerchtfertigt wird das damit, dass die Spielwelt sich halt auch außerhalb der SC weiterdreht.
Grundsätzlich ist der Gedanke meines Erachtens gut. Aber um für alle ein schönes Spielerlebnis zu gewährleisten, muss man das auch kommunizieren und an die reale Spielweise der Runde anpassen. So hätten den SC während ihrer Rebellion immer wieder Hinweise zugespielt werden müssen, dass die Lich-Bedrohung sich im Hintergrund immer weiter anbahnt. Aber im Post deutet nichts darauf hin, dass das geschehen ist. Das der/die SL angefressen war, kann ich, wie gesagt, verstehen. Aber den ursprünglichen Plot zu nutzen, um Rache an den Spieler*innen zu üben, ist mies und kleinlich. Wenn das Ende ruiniert ist, sind es oft auch die Erinnungen über das, was davor war. Jeder der schon einmal eine gute Serie mit schlechtem Finale gesehen hat, der kann sich vorstellen, was ich meine.
Das Problem in dieser Gruppe war offensichtlich, dass sie nicht über ihre Erwartungen an die Kampagne sprechen konnten/wollten. Und so fand sich nach dem Alleingang der Spieler*innen nur ein Kompromiss, der sich am Ende als Falle herausstellte. Daher der dringende Appell an alle, in der Runde offen darüber zu reden, was man eigentlich spielen möchten. Dann findet sich bestimmt auch ein gemeinsamer Nenner. Und wenn nicht, dann kann man getrennte Wege gehen. Das ist immer noch besser, als sich gegenseitig den Spaß zu verderben.
Zum Schluss noch die Überlegung, wie im konkreten Fall das Ganze friedlich hätte geregelt werden können. Ein Vorschlag von Dnalor ist, dass man die Lich-Bedrohing als Anschlussplot nehmen könnte, wobei die SC nun als Herrscher dem Übel entgegentreten müssten. Ich halte diesen Vorschlag für ausgezeichnet, denn so hätten alle bekommen, was sie wollten.
Ich hätte aber wohl eine andere Variante gewählt: Wenn die SC den Lich nicht töten wollten, dann hat es vielleicht jemand anderes getan. Z.B. ein Prinz, der Sohn des gerade gestürzten Königs! Der wäre dann plötzlich auch ein Volksheld und ein politisches Gegengewicht. Und schon hätte man den nächsten Plot für die scheinbar politikspielbegesiterten Spieler*innen gehabt.